zurück zur Startseite

HM MZS

Was verbirgt sich hinter einem geheimnisvollen Kürzel wie diesem? Ein Maler, der vor fast 500 Jahren in Schwaz in Tirol einen bartlosen Mann malte und es damit 1965 auf den 500-DM-Schein schaffte. Ein Porträt von Eva Maria Stadler, die seit 2011 die Galerie der Stadt Schwaz leitet.

Am Ende der Franz-Josef Straße in Schwaz in Tirol, unmittelbar neben der Liebfrauenkirche, die 1502 fertig-gestellt worden ist, befindet sich das Palais Enzenberg, das 1515 von Christian Tänzl erbaut wurde und heute die 1994 gegründete Galerie der Stadt Schwaz beherbergt. Die Tänzls waren erfolgreiche Schwazer Bergwerksunternehmer, die anlässlich der Hochzeit von Maria Tänzl mit Moritz Welzer im Jahr 1524 bei Hans Maler, Maler zu Schwaz, Porträts des Hochzeitspaares in Auftrag gaben.1
Die Beschäftigung mit Hans Maler aus heutiger Perspektive eröffnet einen Blick auf historische Zusammenhänge, in denen Schwaz hinsichtlich der Verstrickungen von Politik, Kunst und Wirtschaft eine zentrale Rolle spielt.

Was Hans Maler nach Schwaz geführt hat, wissen wir nicht. Seine Präsenz und seine künstlerische Tätigkeit in der Tiroler Stadt am Beginn des 16. Jahrhunderts spielten jedenfalls eine wesentliche Rolle hinsichtlich der politischen Repräsentation der Habsburger und der Wirtschaftsmacht der Fugger.

Aus Ulm kam der Maler Hans Maler nach Schwaz in Tirol, wo er sich nachweislich ab 1520 aufgehalten hatte. Schwaz war in diesen Jahren wirtschaftlich höchst erfolgreich. Der Grund dafür lag in seinen reichen Kupfer- und Silbervorkommen, die als ökonomische Anziehungskraft wirkten und der Stadt einen enormen Bevölkerungszuwachs bescherte. Aus ganz Europa kamen Menschen nach Schwaz, weshalb die Stadt am Beginn des 16. Jahrhunderts um die 20.000 Einwohner zählte. Schwaz war damals somit nach Wien die zweitgrößte Stadt Österreichs. Innsbruck etwa war nur halb so groß. Eng verknüpft mit dem Erfolg der Stadt war die Geschichte der Fugger, jenen zu Berühmtheit gelangten Augsburger Bürgern, die sich über mehrere Generationen zu einem der bedeutendsten Handelsgeschlechter ihrer Zeit entwickelt hatte.
Es scheint jedoch kein Zufall zu sein, dass sich Hans Maler, aus dem Schwäbischen kommend, in Tirol niedergelassen hat. Er fand seine Auftraggeber unter den Fuggern genauso wie beim habsburgischen Hof. Zunächst war es Kaiser Maximilian I., der bei Hans Maler mehrere Porträts von sich und seiner Familie in Auftrag gab. Es waren dies in erster Linie Kopien bereits existierender Gemälde. Die kunsthistorische Forschung setzt sich mit der Frage der Zuschreibung der unterschiedlichen Porträts auseinander und nimmt an, dass es sich im Zusammenhang mit den Porträts Maximilians und seiner ersten Frau, Maria von Burgund, wahrscheinlich um Kopien von Bildern aus dem Umkreis von Bernhard Strigel handelt – einem Künstler aus Memmingen, der regelmäßig für den Habsburger Hof tätig war.

Kaiser Maximilian I. war einer der ersten, der in der Verbreitung seiner Konterfeis einen medialen Effekt sah. Er versprach sich Präsenz durch die bildliche Repräsentation genauso wie durch die prunkvolle Lebensführung, die vor allem eines tun sollte – beeindrucken. Schlösser, Residenzen oder Preziosen wie der Prunkerker mit dem Goldenen Dachl dienten und dienen der Demonstration von Reichtum und Glamour und stellen eine Form von Machterhalt dar, der sich aus der Produktion von Affekten generiert und das ästhetische Empfinden prägt.
Maximilian engagierte Künstler wie Albrecht Dürer, Hans Burgkmair, Bernhard Strigel, Hans Schäufelin oder eben unseren Maler Hans Maler, Porträts bzw. Kopien anzufertigen. Auffallend ist, dass Maximilian nicht einen oder mehrere Hofkünstler beschäftigte, sondern mit quasi freien Künstlern arbeitete, die er jedoch kontinuierlich beauftragte.
Für das Porträt von Maximilian I., das sich heute im Schloss Ambras in Innsbruck befindet, folgte Hans Maler einem bestehenden Bildtypus. Der Kaiser im Dreiviertelprofil, vor einer rot ornamentierten Wandbespannung dargestellt, trägt eine Krone mit Edelsteinen, Perlen und goldgetriebenen Krabben sowie eine Rüstung und drüber einen bestickten Mantel. In der rechten hält er ein Schwert und in der linken Hand ein Szepter.
Von diesem Bildtypus sind uns mehrere Varianten erhalten, die Bernhard Strigel und Hans Maler zugeschrieben werden. Die Abweichungen beziehen sich auf die Gewänder und auf das rechte obere Bildfeld, nicht jedoch auf die Körperhaltung, den Blick und die Gesamtkomposition, die im Wesentlichen gleich bleiben. Besonders interessant scheint das Bildfeld rechts oben, das in den Ausgaben von Hans Maler schwarz geblieben ist. In anderen Ausführungen wurden in diesem Feld Inschriften angebracht, oder es war als Fenster angelegt, das den Blick auf eine Landschaft freigibt. Der schematisch angelegte Hintergrund besteht aus der meist roten Fläche der Wandbespannung, vor der der Kaiser sitzt, der schwarzen „Leerfläche“ rechts oben, sowie einer grauen Fläche darunter, die für eine Brüstung oder ein Wandelement steht, und stellt damit eine abstrakte Komposition dar, auf deren Basis die Porträts, die Maximilian bestellte, in Serie gefertigt wurden. Maximilians Ziel war es, einen Porträttypus zu schaffen, der einen hohen Wiedererkennungsgrad aufwies. Und mehr noch – über den Werbeeffekt hin-
aus war es den Habsburgern wichtig, einen idealen Herrschertypus zu propagieren. „Hier war eine Person zunächst einmal eine Norm, so sehr sie auch die Norm in einer einmaligen Existenz verkörperte“2, schreibt Hans Belting über die Malerei in Deutschland und den Niederlanden im 15. Jahrhundert.
Hans Malers künstlerischer Spielraum bestand also nicht in der Komposition, sondern in erster Linie in der Zeichnung der Gesichtszüge und in der malerischen Ausführung der Details, die er nach und nach verfeinerte und individualisierte. Anzunehmen ist, dass sich die Verbindung zu den von Hans Maler Porträtierten im Lauf der Jahre intensivierte, dass er sie persönlich kennenlernte und ihm dadurch ein größeres Spektrum an Subjektivierungsstrategien zur Verfügung stand.

Maximilian und Jakob
Mit einer gefinkelten Heiratspolitik sowie mit einer Reihe von Kriegen in erster Linie gegen Frankreich und die Niederlande hat Maximilian I. das Reich der Habsburger stark ausgedehnt und sich dafür und für ein aufwändiges höfisches Leben in große Schulden gestürzt. Sein wichtigster Bankier war – und hier beginnt sich unsere Geschichte zu verzahnen – Jakob Fugger, auch Jakob der Reiche genannt. Fugger, aus einer seit dem 14. Jahrhundert in Augsburg ansässigen Handelsfamilie stammend, gewährte Maximilian I. hohe Kredite, um Zugang zum habsburgischen Hof zu erlangen und damit seine wirtschaftlichen Interessen verfolgen zu können. Zunächst waren es mehrere Grafschaften, wie Kirchberg in der Nähe von Ulm, Pfaffenhofen, Weißenhorn und Wullenstetten, die er erwarb. Aufgrund seines Standes wurde er von dem in den Grafschaften ansäßigen Adel jedoch nicht anerkannt. Seine Investitionen wären wertlos gewesen, wenn ihn nicht Maximilian 1511 in den Grafenstand erhoben hätte. Im Gegenzug unterstützte Jakob Fugger die Habsburger mit Krediten, die Maximilian zum Ausbau und zur Sicherung des Machterhalts einsetze. So ernannte er sich selbst im Jahr 1508 zum deutschen Kaiser. Im Jahr 1515 waren die Schulden der Habsburger auf 300.000 Gulden angewachsen.3

Karl, Jakob und Anton
Nach dem Tod Maximilians im Jahr 1519 ging es um die Wahl seines Enkels Karl V. zum deutschen König und später zum deutschen Kaiser. Jakob Fugger investierte die enorme Summe von 545.585 Gulden4, um die Wahl des französischen Königs Franz I. zu verhindern. Will man sich die Größenordnung dieses Kredites klar machen, muss man sich vergegenwärtigen, dass Jakob Fugger für den Erwerb von vier Grafschaften nur 50.000 Gulden bezahlte. Die hohe Investition erschien ihm wohl auch deshalb nötig zu sein, weil er mit dem Machterhalt der Habsburger auf die Rückzahlung der bereits vergebenen Kredite hoffen konnte. Jakob
Fugger, Maximilian I. und seine Nachfolger Ferdinand I.
und Karl V. verstrickten sich also immer mehr in ihren wechselseitigen Abhängigkeiten.
Denn mittlerweile waren die Habsburger gar nicht mehr in der Lage, derart hohe Summen zurückzuzahlen, weshalb sie Jakob und später seinem Neffen Anton Fugger nach und nach anstelle von Geld Abbaurechte für die Schwazer Silberminen gewährten, um die Schulden abzubauen. Das Schwazer Silber wurde auf diese Weise zum Spielball europäischer Geschichte.

Hans
Und Hans Maler? Die bildliche Repräsentation war ein wesentlicher Bestandteil der Informations- und Kommunikationsstrategien, die sich die Habsburger und die Fugger zunutze machten. Mit der Distribution von Porträts durch Kopien und Druckgrafiken etablierte sich ein neues Verhältnis zur herrschenden Macht. Die imaginäre Präsenz des Kaisers entfachte eine Kraft, die über das einzelne Bild hinausging und so etwas wie Allgegenwärtigkeit zu vermitteln vermochten.
Gleich beim Eintritt ins Gasthaus hast Du [Cranach] mit einer vom Kohlbecken genommenen und gelöschten Kohle das Bildnis Sr. Maiestät des Kaisers Maximilian auf die Wand so gezeichnet, dass es von Allen erkannt und bewundert, wurde“5 huldigte Christoph Scheurl (1481–1542) Lukas Cranach d. Ä. Anfangs wurden die Bildnisse in kleiner Zahl an Mitglieder des Hofes verteilt, mit der Verbreitung der Holzschnitte jedoch kam es zu einer größeren Auflage der höfischen Konterfeis.
Nun erkannten auch bürgerliche Personen, wie Jakob, Ulrich und später Anton Fugger, die Bedeutung und Wirkung eines Porträts und ließen sich zu spezifischen Anlässen malen, um ihren politischen und gesellschaftlichen Status zu untermauern.

Jakob Fugger starb im Jahr 1525, sechs Jahre nach Maximilian, und setzte seine Neffen Ulrich und Raymund als Nachfolger ein, da er selbst keine Kinder hatte. Anton Fugger blieb unberücksichtigt, er entwickelte jedoch zunehmend kaufmännisches Verständnis, profilierte sich bei einem Rom-Aufenthalt, bei dem er die Geschäfte mit der Kurie betreute, und rückte nach seiner Rückkehr durch den frühen Tod Ulrichs in der Nachfolgeregelung Jakobs vor.

Ulrich und Anton
Hans Maler porträtierte Ulrich und Anton mehrfach. Erhalten sind Gemälde, die sich heute im Metropolitan Museum in New York bzw. in der Kunsthalle in Karlsruhe befinden und die zu den eindrücklichsten Arbeiten von Maler zählen.
Immer noch folgt er dem Kompositionsschema der Zeit, doch Gesichtszüge, Blick und Ausdruck geben nun weit mehr preis, als dies noch die typisierten Bildnisse von Maximilian taten.
Die Porträts des früh verstorbenen Ulrich sind von einer besonderen Sensibilität. Stirn- und Augenpartien des New Yorker Bildes sind mit feinen, doch energischen Linien herausgearbeitet, die Flächen der schlichten Kleidung – weißes Hemd mit schwarzem Mantel und schwarzer Kappe – sind exakt voneinander abgegrenzt, wodurch sich eine relativ harte Zeichnung ergibt. Die Augen sitzen nicht tief und gleichen sich in ihrer Helligkeit an die hohe Stirn und den lichten Hintergrund an.
Die künstlerischen Möglichkeiten waren begrenzt, doch nutzte Hans Maler den Rahmen, den ihm die Auftraggeber gewährten, und fand eine Form, die mit Distanz und Nähe gleichermaßen operierte. Zeitgenossen von Hans Maler waren unter anderen Hans Holbein oder Albrecht Dürer. Sie setzten neue Maßstäbe im Umgang mit dem Genre „Porträt“ und übertrafen sich gegenseitig in der Kunst, Wesenszüge von Menschen zu erfassen.
Hans Maler scheint Ulrich und Anton besser gekannt zu haben. Um 1520 hielten sich mehrere Mitglieder der Familie Fugger für längere Zeit in Schwaz auf. Grund dafür waren Veränderungen, die sich in Bezug auf den Abbau des Silbers ergeben haben. Solange die Gewinne aus dem Silber- und Kupferabbau kontinuierlich gesteigert werden konnten, hatten die Fugger keine Sorge, dass ihre Kredite an die Habsburger gesichert waren. Als sich jedoch abzeichnete, dass die kostbaren Rohstoffe nicht endlos sind, reagierte Jakob Fugger, indem er den Sitz der Fugger von Innsbruck und Hall, wo sich die Münze befand, die den Handel des Silbers organisierte, nach Schwaz verlegte, um direkt in das Silbergeschäft einzusteigen und dem einsetzenden Raubbau entgegenzuwirken.
In diesem Zusammenhang hielten sich sowohl Urich als auch Anton um 1520 in Schwaz auf. Die Porträts, die Hans Maler von den Nachfolgern Jakobs machte, sind wie gesagt von größerer Vertrautheit gekennzeichnet. Maler unternahm hier den Versuch, die jeweilige Persönlichkeit zu erfassen, wobei es dennoch stets um das Subjekt in seinem gesellschaftlichen und politischen Kontext ging. Die neue Form der Ökonomie, die mit den Fuggern Raum griff, war zum einen von geographischen Erweiterungen, zum anderen durch die scheinbar grenzenlose Anhäufung von Vermögen gekennzeichnet. Bereits Jakob Fugger unterhielt Handelsbeziehungen mit Madrid, mit Lissabon und Antwerpen, mit Tschechien und der Slowakei. Anton dehnte diese nach Westindien, Mexiko und Argentinien aus. Dieses Phänomen eines frühen bürgerlichen Kapitalismus rief jedoch auch Kritiker auf den Plan – so bemühte sich Martin Luther, eine Vermögensobergrenze einzuführen, um für Verteilungsgerechtigkeit zu sorgen. Und das so genannte Volksbuch ‚Fortunatus‘, das im Jahr 1509 in Augsburg veröffentlicht wurde, kann als ironischer Kommentar auf die einsetzende Macht des Geldes gelesen werden.
Der Text erzählt die Geschichte von einem „Glücklichen“, der von Zypern, wo seine Familie bankrott gegangen ist, zu einer Weltreise aufbricht. Von einer Fee erhält er ein „Geldseckel“, das sich stets von Neuem auffüllt. Der Stoff wurde u. a. auch von Hans Sachs aufgegriffen, dessen Wege ebenfalls nach Tirol führten, wo er als Schuhmachergeselle am Hof Maximilians diente, und der sich auf der Seite Martin Luthers sehr für die Ideen der Reformation eingesetzt hatte. Der Beginn des 16. Jahrhunderts war in vielerlei Hinsicht eine Zeit des Übergangs: Die soziale Ordnung verzeichnete einen Übergang von der Stratifikation – der sozialen Schichtung, wie sie in dem bei den Habsburgern beliebten Abzählreim „Kaiser, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann (...)“ zum Ausdruck kommt – zu einer funktional differenzierten Gesellschaft, in der die freie Wirtschaft, aber auch die Wissenschaft, das Rechtssystem und die gewählte Politik an Bedeutung zunahmen. Geld wurde, wie in Schwaz, aus dem Berg geholt, und es entwickelte sich eine Geldwirtschaft, die aus Geld Geld machte.

Matthäus und Wolfgang
Hans Maler porträtierte aus dem Umkreis der Fugger eine weitere Persönlichkeit, die in Bezug auf den neuen Bürger eine wichtige Rolle spielte. Der Buchhalter Matthäus Schwarz war ein wichtiger Mitarbeiter im Bankhaus Fugger, er führte nach italienischem Vorbild die doppelte Buchführung ein und arbeitete an einer Reihe von wirtschaftswissenschaftlichen Büchern. Das Bildnis von Hans Maler, das sich heute im Louvre befindet, zeigt im Halbporträt einen aufwändig gekleideten Mann, der die Laute spielt. Matthäus Schwarz hielt sich kurz nach dem Tod von Jakob Fugger, dessen vertrautester Mitarbeiter er war, in Schwaz auf und ließ sich in diesem Zusammenhang porträtieren. An den Personen, die bei Hans Maler Bilder in Auftrag gaben, lässt sich ablesen, wie die soziale Struktur im Begriff war, sich zu ändern: Nicht nur der Kaiser, auch Angestellte nutzten das Medium der visuellen Repräsentation. Matthäus Schwarz war wohl eitel und auf seine Erscheinung sehr bedacht. Um seine Auftritte zu dokumentieren, führte er über mehrere Jahrzehnte ein Trachtenbuch, in dem er präzise alle Kleidungsstücke notierte und auf diese Weise eine Kostümbiographie6 erarbeitete. Diese aus historischer Sicht wichtige Quelle kann dabei mehr als Marotte des Buchhalters denn als Zeugnis für die umfangreichen Ordnungen und Regeln der damals herrschenden Kleiderordnung gesehen werden. So war genau festgelegt, welcher Stand wie viel Schmuck tragen oder wie viele Schlitze ein Wams haben darf, denn Schlitze waren sowohl Ausdruck für Verschwendung als auch für eine womöglich allzu erotische Ausstattung. Hans Maler hatte es sicherlich mit genauen Angaben zu tun, die Matthäus Schwarz machte, und so liegt die Besonderheit dieses Bildes stark in den Details der Gewänder mit dem Hemd, dem pelzgefütterten Mantel, der Goldkette. Die Gesichtszüge sind geradlinig ausgeführt und entsprechen vielleicht auch darin dem Wunsch des Auftraggebers, einen schönen, entschlossenen Mann wiederzugeben.

In der Alten Pinakothek in München hängt in der Abteilung Altdeutscher Malerei neben Werken von Michael Pacher, Bernhard Strigel, Lucas Cranach d. Ä. u. a. ein Porträt von Wolfgang Ronner, eines weiteren Mitarbeiters des Unternehmens der Fugger, das unter Hans Maler firmiert.7 Ein junger Mann in grünem Mantel vor rotem Hintergrund hält einen Brief mit der Fugger’schen Handelsmarke in der Hand, darauf die Inschrift: „Ronner /ZwHannd(en)/ Swats“. Ob das Bild von Hans Maler ist oder ob es von seinem Schüler Christoph Amberger fertiggestellt wurde, kann nicht mit Sicherheit geklärt werden. Mehr als die Frage der Zuschreibung sind die kontextuellen Bedingungen zur Zeit des Entstehens der Bilder von Bedeutung, und dar-
über hinaus spielt der Kontext, in dem wir den Arbeiten Malers und seiner Zeitgenossen heute begegnen, genauso eine Rolle für die Wahrnehmung wie für das Verständnis von politischen und kulturellen Zusammenhängen.
Wie erwähnt, ist die Jahrhundertwende vom 15. /16. Jahrhundert von entscheidenden politischen Umwälzungen geprägt. Wie groß diese Änderungen waren, kommt nicht zuletzt auch in der Kunst zum Ausdruck. Denn während sich die sakrale Kunst noch an der Spätgotik orientierte, bot die Porträtmalerei neue Möglichkeiten in der Darstellung, die weit mehr auf das Individuum eingingen als dies bislang üblich war.
Hans Maler, Maler zu Schwaz, war ein Künstler, dessen Bilder nicht wie die von Dürer oder Holbein zu Weltruhm gelangten, immerhin befindet sich ein Großteil von den ca. 40 Bildern, die heute noch erhalten sind, in den berühmtesten Museen und Sammlungen der Welt, wie dem Louvre, den Uffizien, dem Metropolitan Museum oder dem Kunsthistorischen Museum in Wien. Seine Bilder sind aber vor allem deshalb von Interesse, weil sie mehr als eine neue ästhetische Ausdrucksform die Bedingungen veranschaulichen, unter denen Hans Maler arbeitete. Als Künstler war Hans Maler abhängig von den Aufträgen von Hof, Kirche und dem aufstrebenden Bürgertum. Seine Involviertheit in die ständische Ordnung ist seiner künstlerischen Haltung abzulesen, die kaum Formen des Widerstandes erkennen lässt. Die Porträtierten blicken stets in die Leere, jede Beziehung im Verhältnis zum Maler bzw. zum Betrachter wird vermieden und bleibt dadurch gewissermaßen unverbindlich. Seine formale Könnerschaft nutzte Hans Maler nur selten, um sich vom gängigen Kanon zu emanzipieren und damit den Herrschaftsstrukturen entgegenzutreten. Die künstlerische Anpassung jedoch, die Hans Maler vornahm, um seinen Auftraggebern gerecht zu werden, gibt Aufschluss über die Produktionsbedingungen des frühen 16. Jahrhunderts und deren historischen Implikationen, die bis heute fortwirken.

Im Kunsthistorischen Museum in Wien befindet sich heute „Das Bildnis eines bartlosen Mannes“ von Hans Maler. Dieses Bild gelangte aus einem Grund zu Berühmtheit, der mittlerweile historisch zu nennen ist: 1965 wurde in Deutschland ein 500-DM-Schein aufgelegt. Der bartlose Mann Hans Malers wurde als gespiegelte Grafik auf den Geldschein geprägt. HM MZS8, der Ulmer Maler, dessen Familienname sich mit seinem Beruf deckt, hatte einmal mehr Anteil an der Geschichte des Geldes.

1 Hans Belting und Christiane Kruse, Die Erfindung des Gemäldes. Das erste Jahrhundert der niederländischen Malerei, München 1994, S. 45
2   Hans Belting und Christiane Kruse, Die Erfindung des Gemäldes. Das erste Jahrhundert der niederländischen Malerei, München 1994, S. 45
3   Stefan Krause, Die Porträts von Hans Maler. Studien zum frühneuzeitlichen Standesporträt, Dissertation, Uni Wien, 2008, S. 48
4   http://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Fugger
5   Brief von Christoph Scheurl an Lukas Cranach d. Ä. (1508) zit. nach Christian Schuchardt, Lucas Cranach des Aeltern Leben und Werke,
1851–1871, Bd. 1, 1851, S. 30 f.
6   Der Maler Hans von Schwaz, Heinz von Mackowitz, Schlern-Schriften, hrsg. von R. Klebelsberg, Universitätsverlag Wagner/Innsbruck, 1960, S. 52
7   ebd., und Stefan Krause, S. 21. Die Zuschreibung des Bildnisses Wolfgang Ronner wird von der kunstgeschichtlichen Forschung jedoch in Frage gestellt.
8   HM MZS lautet die Signatur, die Hans Maler für einige seiner Gemälde verwendete.

 

im Heft weiterblättern


Email

registrieren

Ihre Email-Adresse wurde bei uns registriert und zur Liste der Newsletter-Abonnenten hinzugefügt.
Sie erhalten in Kürze ein Bestätigung per Email.