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Satzspiegel*
von Christian Schubert

ZUR BEDEUTUNGSLOSIGKEIT HUMANMEDIZINISCHER FORSCHUNG

„… und alle Welt denkt an nichts als Bergwerke … und Industrie … und Geldverdienen … Brav, das alles, höchst brav! Aber ein bisschen stupide, von der anderen Seite, so auf die Dauer – wie?“ 1


Die biomedizinische Ideologie ist mechanistisch und reduktionistisch

„Unsere Ärzte stellten nach der Sektion das Vorhandensein von Geistesstörung vollständig und mit aller Entschiedenheit in Abrede.“ 2


„… Ihr Zimmermädchen seid gewohnt, durch das Schlüsselloch zu spionieren und davon behaltet Ihr die Denkweise, von einer Kleinigkeit, die Ihr wirklich seht, ebenso großartig wie falsch auf das Ganze zu schließen …“ 3


„… Studier einmal den Bau des Auges; ich möchte wohl wissen, ob du den Stoff zu dem rätselhaften Blick, von dem du sprachst, darin finden wirst …“ 4


und folgt dem Leib-Seele-Dualismus

„… Die Wahrheit wird unterdrückt, sie kommt nicht zum Worte … und warum? Einem idiotischen, veralteten, hinfälligen Zustand zuliebe, der, wie jedermann weiß, früher oder später ja dennoch abgeschafft werden wird … Ich glaube, Sie begreifen diese Gemeinheit gar nicht! Die Gewalt, die dumme, rohe, augenblickliche Polizistengewalt, ganz ohne Verständnis für das Geistige und

Neue …“ 5


mit Dummheit und Arroganz.

„,Wenn es dies nur wäre‘, fuhr er fort, indem er mit der Hand an seiner linken Seite hinunterstrich, ohne seinen Körper zu berühren … ,Es ist kein Schmerz, es ist eine Qual, weißt du, eine beständige, unbestimmte Qual. Doktor Drögemüller in Hamburg hat mir gesagt, daß an dieser Seite alle Nerven zu kurz sind … Stelle dir vor, an der ganzen linken Seite sind alle Nerven zu kurz bei mir! Es ist sonderbar … manchmal ist mir, als ob hier an der Seite irgend ein Krampf oder eine Lähmung stattfinden müßte, eine Lähmung für immer …‘“ 6


„,Nun der Effekt der Bäder und der guten Luft wird schon noch nachkommen … schon noch nachkommen!‘ sagte er, indem er dem kleinen Johann auf die Schulter klopfte, ihn von sich schob und mit einem Kopfnicken gegen die Senatorin und Ida Jungmann – dem überlegenen, wohlwollenden und ermunternden Kopfnicken des wissenden Arztes, an dessen Augen und Lippen man hängt, sich erhob und die Konsultation beendete …“ 7


Schluss.

„… Aber was sind denn das für Menschen, von denen ich mich abgewandt habe? Feinde des lebendigen Lebens, abgelebte Liberale, die vor ihrer eigenen Unabhängigkeit einen Schreck bekommen haben, Lakaien des Gedankens, Feinde der Persönlichkeit und der Freiheit, altersschwache Prediger der Fäulnis und Verwesung! Was ist denn auf ihrer Seite zu finden: Greisenhaftigkeit, goldene Mittelstraße, die spießbürgerlichste, gemeinste Talentlosigkeit, eine neidische Gleichheit, eine Gleichheit ohne eigenes Verdienst, eine Gleichheit, wie ein Lakai sie billigt, oder wie sie die Franzosen von 1793 billigten … Und, was die Hauptsache ist: überall Schurken, Schurken und Schurken!“ 8


„Frau Odinzowa warf, als sie ihn so finster mit niedergeschlagenen Augen dasitzen sah, zwei- oder dreimal einen verstohlenen Blick auf sein strenges, galliges Gesicht mit dem Gepräge verächtlicher Festigkeit und sagte sich: ,Nein, nein, nein!‘“ 9


„… Diesen Grundsatz gedenke ich heilig zu halten bis an mein Lebensende, obgleich man ja hie und da in Zweifel geraten kann angesichts von Leuten, die ohne solche Prinzipien scheinbar besser fahren …“ 10

1   Thomas Mann, Buddenbrooks, 57. Aufl., Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M., S. 28.
2   Fjodor Dostojewski, Die Dämonen, 1. Aufl., Insel Verlag, Frankfurt a. M., Leipzig, S. 929.
3   Franz Kafka, Das Schloss, Kritische Ausgabe, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M., S. 369.
4   Iwan Turgenjew, Väter und Söhne, Insel Verlag, Frankfurt a. M., Leipzig,
S. 52.
5   Thomas Mann, Buddenbrooks, 57. Aufl., Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M., S. 137.
6   Thomas Mann, Buddenbrooks, 57. Aufl., Fischer Taschenbuch
Verlag, Frankfurt a. M., S. 404.
7    Thomas Mann, Buddenbrooks, 57. Aufl., Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M., S. 638f.
8    Fjodor Dostojewski, Die Dämonen, 1. Aufl., Insel Verlag, Frankfurt a. M., Leipzig, S. 801f.
9    Iwan Turgenjew, Väter und Söhne, Insel Verlag, Frankfurt a. M., Leipzig,
S. 148.
10    Thomas Mann, Buddenbrooks, 57. Aufl., Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M., S. 174.

— * Nutzfläche auf der Seite eines Buches, einer Zeitschrift oder anderen Druckwerken; ein bedruckten Flächen zugrundeliegendes schematisches Ordnungssystem, das den Grundriss von Schrift, Bild und Fläche definiert.
— Aufforderung, Sätze zu formulieren, die für die eigene Arbeit stehen und deren Grundgerüst bilden; das eigene Schaffen zu spiegeln und dabei die tagtäglich gebrauchten professionellen Ausdrucksmittel möglichst außer Acht zu lassen.

 

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