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Durchreisebericht

Dass Humor keinesfalls die Abwesenheit von Seriosität bedeuten muss, zeigen auf den folgenden Doppelseiten die Fotografien von Jaka Babnik, der sich im Auftrag von Quart auf die Suche nach paradoxen Erscheinungsbildern in der Tiroler Kulturlandschaft begab.
Der in Slowenien lebende Fotograf spürt in seinen Arbeiten unlogische Momente auf, an denen die meisten von uns wahrscheinlich vorübergegangen wären. Wir sehen temporäre oder permanente architektonische Eingriffe in das Territorium, die irgendwo auf dem Weg ihren ursprünglichen Zweck verloren haben (oder vielleicht noch nie einen hatten), absurde Fremdkörper in einer durchgeplanten Umwelt. Vorweg einige konzeptionelle Überlegungen des Fotografen:

„In den 1970er Jahren formulierte der japanische Künstler Katsuhiko Akasegawa unter dem Pseudonym Akasegawa Genpej die Idee einer Hyperkunst, und um sie zu erklären, verwendete er den Namen Thomasson als Metapher. Dabei bezog er sich auf den amerikanischen Baseball-Spieler Gary Thomasson, der als Star der Major League zum japanischen Club Yomiuri Giants kam, es jedoch während seines Japan-Aufenthaltes beinahe zu einem Fehlschlag-Rekord brachte, bevor eine Knieentzündung seiner Karriere ein Ende setzte, und so nahm Akasegawa einen Baseballschläger und ‚erklärte‘ diesen zur Hyper-Kunst. Der Schläger, dazu gefertigt, Baseballs zu schlagen, war nichts als ein nutzloses Relikt oder Produkt, das sich in seiner Hand in ein Kunstwerk verwandelte. Nachdem er so die Regeln der Hyperkunst aufgestellt hatte, dokumentierte er fortan gewöhnliche, aber nutzlose street-objects, die zufällig wie Konzeptkunstwerke aussahen, obwohl sie nie als Kunstwerke gedacht waren.
Wie bei allen guten und großen Kunstwerken sind auch gute und große Thomassons selten und schwer zu finden. Besonders in Tirol. Sie sagen etwas aus über Tradition, Geschichte und Verhaltensweisen, und so könnte man auch behaupten, dass Hyperkunst in den meisten Teilen der Welt nicht unbedingt auf ursprünglicher Nützlichkeit basiert – und dass sie in Tirol auf einer völlig anderen Ebene stattfindet. Jenseits von Nützlichkeit. Vielmehr untermalen sie alle als Objekte die Bedeutung von Tradition, Geschichte und Verhaltensweisen oder zeigen, besser gesagt, wie stolz die Menschen auf diese sind.“ (Jaka Babnik, Juli 2020, Übersetzung: Marie Luise Knott)

 

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