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hütten bauen dach über dem kopf

Seit vielen Jahren befasst sich Milena Meller mit Behausungen, Hütten, Unter- und Hochständen und dergleichen anonymen Kleinarchitekturen. Sie hält diese auf Fotografien fest, die sie als Vorlage für Malereien verwendet. Letztere fotografiert sie wiederum, auf den Fotoabzügen malt, zeichnet und schreibt sie weiter. Das Wechselspiel von Fotografie und Malerei prägt ihre Arbeit, „das Verhältnis von Wahrnehmung zu Wirklichkeit / Wirklichkeit zu Kunst“ – und schlussendlich: „das Bild, das wir uns von der Welt machen“.
Zu ihrem exklusiv für Quart entstandenen Beitrag schickte uns die Künstlerin den folgenden Text:

„Alte Beichtstühle in kalten Kirchen mit flüsternden Schemen hinter Gittern. Dämmrige, splittrige, aufgeheizte Kabinen, darin man sich blaulippig zitternd aus nassem Badezeug windet. Bootshütten, um deren glitschige Pfähle im sonnengrünverschlierten Wasser bleiche Fische stehen. Knarrige Holzschuppen mit spinnwebig verstaubtem Gerät. Enge Zellen mit auf klebrige Münzfernsprecher hastig gekritzelten Botschaften. Särge mit wächsern-fremden Gesichtern Verstorbener. Plumpsklos in Milch- und Mist-süßer Almluft mit glattgewetztem Sitz überm Abgrund. Kästen, in deren stickigstaubiges Dunkel die gedämpften Stimmen der Suchenden dringen. Trügerisch friedliche Hinterhalte im Dickicht, wo wildes Tier seine Jäger wittert. Wachtürme, aus deren schwarzen Öffnungen Verfolger kaltes Entsetzen in Albträume jagen. Zelte, auf deren schweren Stoff Regen in einen tiefen Schlaf trommelt. Miniaturmöbel im sonntäglichen Licht. Eisiges Erschrecken, auf das man sich nicht vorbereiten kann. Lichtvolle Sehnsucht, die nach Dachboden-gewärmten Decken riecht.

Behausung, Verschlag, Unterschlupf, Versteck, Zuflucht, Obdach, Hinterhalt, Unterstand, Verlies …

Auf Streifzügen durch Orte und Gebiete (manchmal auch durch Materialien) fotografiere oder finde ich Bilder, die ich Schicht für Schicht einem Verwandlungsprozess aussetze:
Für die erste Seite habe ich als Grundlage für alles Weitere neun Malereien ausgewählt; sie stammen aus einer seit 2015 in Arbeit befindlichen Reihe von Porträts, die ich von themenspezifischen Objekten nach Vorlagen eigener oder historischer Fotografien gemalt habe (Öl auf Leinwand, je 60 × 90 oder 30 × 45 cm). Diese Malereien habe ich dann ausschnittsweise fotografiert, das heißt: fotografisch untersucht. Auf Papier-Ausdrucken einiger dieser Detail-Fotografien habe ich weitergearbeitet: zeichnend, malend, schreibend die Fotografien der Malereien untersucht, neue Ebenen darübergelegt, verschiedene Elemente, darunter auch ikonografische oder literarische Zitate, Fragmente aus der Sprache der Jägerei oder der Kartografie …“

 

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