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Lange Mondschatten

Carl Zuckmayers Roman „Salwàre oder Die Magdalena von Bozen“, für das Jahr 1935 vom S. Fischer-Verlag angekündigt, wurde noch vor Erscheinen vom NS-Propagandaministerium beschlagnahmt und erschien schließlich im Jahr darauf mit großem Erfolg im Exilverlag Bermann Fischer. Wie schon allein der Titel verrät, ist die Handlung in Südtirol angesiedelt und eng mit den ladinischen Mythen aus den Dolomiten verknüpft. Erika Wimmer Mazohl hat das seinerzeit viel beachtete Buch neu gelesen.

Das Buch liegt auf dem Tisch und sieht mich an. Ich habe es gestern schon ausgelesen, doch es lässt mich nicht los … und dann, plötzlich, überstürzen sich die Gedanken, Bilder erscheinen vor meinem inneren Auge, immer mehr Bilder, bewegt und einander überlappend; auch Klänge nähern sich, erst Klavierklimpern, dann mehrere Streicher, kammermusikalische Fetzen, Lautes und Flüsterndes, Stimmen und Gelächter aus dem Off. Die Töne begleiten das Wabern der Bilder, beides steigert sich, und ich denke spontan an eine Art Welttheater. Ich sehe drängende, schillernde Szenen, ein eiskalter Mond lehnt gegen die Brüstung der Schlossterrasse, zwei Menschen im freien Fall, drei Saufende an einem riesigen schweren Holztisch, der plötzlich kippt, Blitze am Himmel, die in die Wälder fahren und Bäume in Flammen aufgehen lassen oder, begleitet von einem ohrenbetäubenden Prasseln, mehrere Stämme spalten; eine bleiche Frau trägt auf den Armen zehn und mehr Tauben, aus ihrem Kopf gurrt es, Frauen und Männer, die sich unter Dach paaren, eine gutmütige Kuh im Zimmer, sie schaut ihnen zu und dampft, während zwischen den Händen der blinden Alten in der Gaststube der Brotteig zerfließt. Wein wird in großen Mengen verschüttet, die Füße der Alten färben sich rot, gleich springen alle in den Schlossteich, um sich zu waschen, während der Einarmige unbeobachtet den Schnaps austrinkt; eine Wolke der Philosophie erhebt sich im schönsten Silbergrau über dem schlafenden Schloss, während der Bruder der Kellnerin mit einem Brotkorb ins Gefängnis geht, um duftende Laibe an die Gefangenen zu verteilen. Bozen, Kaltern und der Latemar werden überflogen, eine geisteskranke Stierführerin fällt zu Boden, der Bräutigam mit dem Fisch im Gesicht flieht … und immer so weiter noch einige Zeit, bis ich etwas überdrüssig das postmoderne Treiben in meinem Kopf abschalte und mich wieder dem Buch zuwende.

Irritation

Gar so abstrus wie in meinem Kopftheater werden die Dinge im Buch nicht dargestellt, nur ein wenig zügellos da und dort. Der Autor hat alles Abwegige in eine gewisse Ordnung gefügt und auf allzu Überstiegenes verzichtet. Trotzdem bleibt nach Lektüre der Eindruck gesuchter Phantastik am stärksten zurück. Der Roman „Salwàre oder Die Magdalena von Bozen“
ist stellenweise surreal, theatralisch und bedeutungsschwer. Zu Beginn etwa: Der dem Erzähler seine Erlebnisse berichtet, der Kunstmaler Thomas Stolperer, kommt nicht einfach über den Brenner zu Besuch, er reist geradewegs aus Afrika an. Der Künstler als Weltenbummler – das ist ein Auftakt, der einen zum Sinnieren bringt und Erwartungen auslöst, die allerdings nicht eingelöst werden. Der Stoff ist weitmaschig gesponnen, die Erzählung lässt vieles offen, sie bleibt in einigen entscheidenden Handlungsverläufen rätselhaft. Das Schlussbild ist, wie im Übrigen auch andere Bilder in dem Text, religiös aufgeladen, es ist das Bild einer Frau, die ihren tödlich verunglückten Mann wie einen Christus in den Armen hält – eine Pietà.
„[…] Ein Roman kann alles und es sollte auch alles erlaubt sein im Roman.“ (Anna Kim) Eine unserer fabelhaftesten Gegenwartsautorinnen sagt das, und Carl Zuckmayer hat sich schon Mitte der 1930er Jahre daran gehalten. Salwàre, in Henndorf am Wallersee geschrieben (wohin Zuckmayer nach der nationalsozialistischen Machtergreifung mit seiner Frau von Berlin aus übersiedelt war), sei, wie man im Netz nachlesen kann, frei erfunden; liest man Zuckmayers Autobiografie „Als wär’s ein Stück von mir. Horen der Freundschaft“, findet man darin aber doch Spuren seines eigenen Lebens. So oder so lässt der Roman auf eine unbändige Phantasie seines Erschaffers schließen, nicht was den Plot an sich, aber doch den immer wieder ausufernden Erzählfluss betrifft. Man spürt, dass es dem Autor um das Ausloten und wohl auch Überschreiten herkömmlichen Erzählens geht, wobei er wiederholt an der Grenze des Glaubhaften landet. In einem Roman die Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen, ist riskant, es sei denn, man ist ein experimenteller Autor, der Gedankenspiele oder das Surreale zu seiner Poetik macht. Er darf wirklich alles, er wird nicht mehr an der Wirklichkeit gemessen, hat aber oft mehr über die Wirklichkeit zu sagen als die Realisten. Zuckmayer ist im Prinzip jedoch ein realistischer Erzähler, der sich einer konventionellen Schreibweise bedient. In Salwàre scheint er sich aber mehr als einmal ins Dickicht des Übersinnlichen oder Unbewussten zu verirren und Handlungsstränge zu entwickeln, die irritieren, weil sie den realistischen Boden verlassen. Das mag bewusst geschehen sein, um zu provozieren.

Libertinage und Verbot

Der Roman spielt in den 1930er Jahren und versammelt im Schloss des Grafen Firmin Stries dej Salwàre eine Gesellschaft sehr unterschiedlicher Frauen und Männer, die einen Sommer lang miteinander musizieren, diskutieren, philosophieren, außerdem gut essen und viel trinken sowie die eine oder andere Wanderung unternehmen. Im Zentrum steht das Geschwisterpaar Firmin und Magdalena, die ein symbiotisches Verhältnis haben; die beinahe neurotische Geschwisterliebe und die Lebensweise auf dem Schloss weisen dekadente Züge auf. Die Gräfin Magdalena schäkert zunächst mit Stolperer, weist diesen aber letztlich ab, denn sie ist mit Mario, ihrem faschistischen Cousin, verlobt. Firmin ist ein erfolgreicher Dramatiker, der an seinem Talent zweifelt, Stolperer lässt sich von seinem Vorhaben, auf dem Schloss Fresken zu malen, gerne ablenken, Magdalena gerät unter Mondeinfluss immer wieder in einen merkwürdigen Wahn und ihre Mutter, eine begnadete Pianistin, ist blind. Weitere Gäste – der Nachbar Peter, ein Verlegerehepaar mit Tochter sowie eine Schauspielerin – lassen sich mit Begeisterung auf den gehobenen Lebensstil dieser Gesellschaft ein, es wird gefeiert, einen ganzen Sommer lang. Firmins Frau, die zwei Kinder hat und liebevoll „die Kuh“ genannt wird, steht in ihrer Bodenständigkeit abseits. Stolperer, der Nachdenkliche, distanziert sich bald, er mietet ein Zimmer im nahe gelegenen Gasthaus, verführt die junge Kellnerin Mena und pendelt fortan zwischen zwei Welten, dem Schloss oben und der Schänke unten. Er nimmt da wie dort, was ihm gefällt, ohne Verpflichtungen einzugehen. Am Ende wird nach einem Zerwürfnis Magdalenas Verlobung mit dem Faschisten aufgelöst, der reist ab und die drei Freunde unternehmen eine Bergtour auf den Latemar. Doch es gibt Streit und Stolperer verlässt die Geschwister, die am nächsten Tag tödlich abstürzen. Er hat auf „das Fräulein“ nicht aufgepasst, worum der einarmige Schlossdiener ihn ausdrücklich gebeten hatte. Mena ist indes „die Gescheitere“, sie löst trotz ihrer Schwangerschaft das Verhältnis mit Stolperer, weil es keine Zukunft hat.
Neben den schwelgenden Naturbeschreibungen, die von der zeitgenössischen Rezeption besonders gelobt wurden, aber aus heutiger Sicht etwas zu romantisch (oft wildromantisch) geraten sind, ist auch die Zeichnung der Mann-Frau-Beziehungen nicht mehr zeitgemäß. Mit Magdalena, Mena und „der Kuh“ werden sehr unterschiedliche Frauentypen gezeichnet – mütterlich und gutmütig ist Cordula, „die Kuh“, zerrissen und überspannt, doch immerhin klug die Gräfin Magdalena, und Mena ist aufgrund ihrer niedrigen sozialen Stellung in hohem Maße fremdbestimmt, nur in der Sexualität lebt sie etwas Freiheit aus und bezahlt dafür erwartungsgemäß ganz allein, wobei Zuckmayer auf eine sozialkritische Problematisierung dieses Faktums gänzlich verzichtet. Was allen drei Frauen gleichermaßen zugeschrieben wird, ist ein ,naturhaftes‘, emotionales Wesen und die Abhängigkeit von den Männern; nach der Möglichkeit eines autonomen weiblichen Daseins wird nicht gefragt. Die Männer andererseits lieben ihre Freiheiten über alles, sie nehmen sich, was sie von den Frauen und vom Leben kriegen können, pflegen z. B. sexuelle Beziehungen, wie es ihnen passt, sind zugleich nicht frei von Besitzdenken, wirken darin aber ganz unschuldig. Stolperer wird einmal gegenüber Mena gewalttätig, nämlich als er erfährt, dass sie verlobt ist; er prügelt seine Freundin, erscheint dabei aber (quasi entschuldigend) eher hilflos und ungeschickt als wirklich roh (S. 115). Die Männer werden von Zuckmayer als schuldlos schuldig gezeichnet und beide Geschlechter folgen bereitwillig den patriarchalen Strukturen.
Obwohl der Erzähler ein Mal von der Überlegenheit der Frauen und der dümmlichen Selbstherrlichkeit der Männer spricht (S. 30), sind die in den 1930er Jahren wohl üblichen Rollenbilder auch im Roman ungebrochen – was für heutige Leser mäßig interessant ist. Spannend ist jedoch der überall im Text mitschwingende Gegenentwurf zum Bürgerlichen, zum Geordneten, der hier über die Männer, ein wenig auch über die Charakterisierung der Magdalena (sie ist kindhaft-lasziv, leicht erregbar und von übersinnlichen Kräften bestimmt), transportiert wird. Die Kritik an den philiströsen Sexualtabus der Zeit wird deutlich. Neben der impliziten Kritik am Krieg – niemand in der Runde darf über die Erfahrungen im Ersten Weltkrieg sprechen (S. 85), das ist so vereinbart und findet außer bei Mario absoluten Konsens ­– dürfte die freizügige und privilegiert-aristokratische Lebensweise, die im Roman ausgebreitet wird, den Nazis keine Freude gemacht haben: Das Buch wurde 1935 vom deutschen S. Fischer-Verlag angekündigt, sogleich aber vom Propagandaministerium beschlagnahmt. Dem Verlag wurde mitgeteilt, dies geschehe „wegen der Vergangenheit des Autors“; Zuckmayer hatte in Deutschland den widerständigen Zusammenschluss „Eiserne Front“ unterstützt und seine oppositionelle Haltung zum Nationalsozialismus hatte ihm mehrmals Schwierigkeiten eingebracht. Daneben dürfte im aktuellen Zensurfall aber auch die Romanhandlung, der expressionistische Erzählstil und bestimmte Äußerungen, die den Figuren in den Mund gelegt werden, zum Verbot geführt haben. Trotz des Verbots erreichte das Buch bald eine große Leserschaft, es konnte 1936 im Exilverlag Bermann Fischer in Wien erscheinen und wurde umgehend auch ins Englische übersetzt. Zuckmayer hatte zuvor vor allem mit den Dramen „Der fröhliche Weinberg“ und „Der Hauptmann von Köpenick“ große Erfolge gefeiert und war international bekannt.

Topografien und Mythen

Dem Halbjuden Zuckmayer, der Nazideutschland den Rücken gekehrt und mehrere Jahre in Österreich gelebt hat, waren gewiss auch Tirol und Südtirol nicht ganz unbekannt. Innsbruck, das sei am Rande erwähnt, hat er kurz nach dem Anschluss und zum Zeitpunkt seiner Flucht (zwei Jahre nach dem Erscheinen von Salwàre) als nicht eben freundliches Pflaster kennengelernt: Er, der über Zürich nach London ausreisen wollte, fiel, wie er in seiner Autobiografie schildert, einer Nazikontrolle zum Opfer, weil in seinem Pass stand, dass er Schriftsteller sei. „Unser Führer liebt die Presse nicht“, lautete die Begründung für den Arrest. Zuckmayer wurde mit anderen wie ein Delinquent aus dem Zug geholt und zur Polizeizentrale gebracht, wo er nach Stunden nur knapp weiteren Schikanen entkam und weiterreisen durfte.
In Südtirol hat der Autor sich 1934 und 1935 aufgehalten, also kurz bevor er sich unter dem frischen Eindruck von Landschaft und Bevölkerung an das Verfassen des Romans machte. Es spräche alles für eine topografisch genaue Verortung des Geschehens, doch wer herausfinden möchte, wo sich Schloss Salwàre befunden haben könnte, kommt nicht so recht auf einen grünen Zweig. Thomas Stolperer, so die Handlung, ist in Bozen mit dem Zug angekommen und von dort zu Fuß zum Schloss aufgestiegen, durch Weinberge zuerst, durch Wälder dann. Möglicherweise hat ihn der Weg durchs Eggental bis Deutschnofen, Welschnofen und darüber hinaus geführt – das wäre aber ein Fußmarsch, der kaum an einem Tag zu bewältigen ist. Warum das Eggental und weiter, vielleicht hinunter ins Fassatal? Weil der Name der gräflichen Familie auf einen ladinischen Kontext verweist. Das Gasthaus, in dem Stolperer Quartier nimmt und mit der Kellnerin Mena verkehrt, heißt „Latemar“, womit eine topografische Nähe auch des Schlosses zu diesem Bergmassiv in den südlichen Dolomiten angedeutet ist. Denn Stolperer wandert mehrmals am Tag und auch bei Nacht zwischen Gasthof und Schloss hin und her.
Eine reale Existenz des Schlosses ist auszuschließen, das Toponym Graf Salwàr dej Stries ist fiktiv und überdies, wie ich von der Ladinienexpertin Rut Bernardi erfahre, sprachlich nicht korrekt (richtig wäre Salver dla stries). Übersetzt bedeutet das Toponym Der Wilde der Hexen, was in Bezug auf die Figur der Gräfin Magdalena, die mit der historischen Hexenverbrennung in Zusammenhang gebracht wird, aufschlussreich ist. Zuckmayer hat also im Romantitel ein ihm wichtiges Motiv herausgestrichen. Die unklare Verortung der Handlung lässt im Übrigen darauf schließen, dass er nicht nur eine, sondern ganz unterschiedliche Landschaften schildern wollte, von lieblichen Weinbergen über geheimnisvolle Wälder und schroffe Berge bis hin zum Gewässer des Kalterer Sees mit seinem markanten Schilfgürtel (wohin die Protagonisten einen Ausflug machen). Die Natur ist in diesem Roman beinahe schon Protagonistin, ihrer Schönheit, magischen Kraft und auch Tücke wird viel Raum gewidmet, immer wieder werden zauberhafte Naturerscheinungen in den Fokus gerückt, sodass die Landschaft von unsichtbaren Wesen bewohnt, ja belebt erscheint (man denke an das Kapitel „Die gelbe Wolke“ (S. 92 ff) oder führe sich Formulierungen wie diese vor Augen: „[…] als wir gegen Abend in den Fenstern saßen und uns, so schien es mir manchmal, am weichen Euter des Dämmerhimmels mit seiner lichtgrauen Milch volltranken.“ S. 143)
Die Hauptakteure des Romans sind bis auf Stolperer ladinischer Abstammung, auch wenn im Schloss offensichtlich nicht Ladinisch gesprochen wird. Dass damit die Mythen der ladinischen Täler ins Spiel kommen, ist nicht überraschend. Doch Zuckmayer bleibt auch darin vage, er nimmt wohl Anleihen aus den Sagen-Überlieferungen, fügt sie aber undeutlich zu etwas Eigenem und Rätselhaftem. Möglicherweise hat er die Überlieferungen gar nicht so genau gekannt, vielleicht ist er einfach seiner Intuition gefolgt, um mit gängigen Sagenstoffen und den geläufigen Archetypen ganz frei zu spielen. Es würde zu Konstruktion und Charakteristik dieses Romans passen.
Das Weibliche steht, wie man weiß, mit dem Mond in Verbindung, der Mond und die Frauenfiguren, gesehen aus männlicher Sicht, stehen im Mittelpunkt. Bereits am Beginn des Romans unterhalten sich Firmin und Stolperer über „die Luna“, die eher etwas Gefährliches an sich habe als etwas Weiblich-Beschützendes. Peter, der Nachbar, erinnert in diesem Zusammenhang an die Mondgeschichte „Lis montes pàljes“, „die bleichen Berge“ – gemeinsam schauen die drei Freunde hinüber zum Latemar, „dessen Gezacke nun wirklich wie eine erdnah gesunkene Mondlandschaft“ wirkt. Mit dem Wissen, dass der Roman mit dem Tod der Geschwister auf dem Latemar endet, kommt dieser Szene eine geradezu prophetische Bedeutung zu. Magdalenas Wesen wird im Verlauf der Handlung immer wieder unter dem Einfluss des Mondes verzerrt wirken, gerade so, als nehme etwas Fremdes von ihr Besitz und ziehe sie immer wieder an den Rand eines Abgrunds. Es wird suggeriert, dass es sich bei dieser fremden Macht um eine Ahnin der Familie handle, eine auf dem Scheiterhaufen verbrannte ,Hexe‘. Ob Rachegöttin oder Verkörperung des Urweiblichen in seiner schrecklichen Form: Den übersinnlichem und irrationalen Aspekten der Existenz wird in diesem Roman keineswegs die Berechtigung abgesprochen, im Gegenteil. Und das Organische wird im Vergleich zum Künstlichen höher bewertet.
Das kommt auch in einer der vielen philosophischen Diskussionen zum Ausdruck, die die Freunde beim abendlichen Zusammensein im Schloss führen (S. 143 ff). Es geht um die Gegenüberstellung von „Ordnung und Formung“: Während „die ordnenden Mächte“ gegenwärtig „in Kampf und Umschichtung begriffen“ seien (gemeint ist der faschistische Ordnungsdrang), fühle sich der „Menschengeist“ stets anderen Gesetzen verpflichtet, nämlich der Formung als „Wachstum oder Selbstgestaltung“, die „jenseits des Organisierbaren“ stünden. Es ist Firmin, der hier ein Bekenntnis abgibt zum Leben ­– zum Elementaren, das sich ohne Zutun des Menschen, vor allem ohne Zutun politischer Kräfte und Ideologien, entfaltet. Es ist dies ein klares Zeichen dafür, dass der Roman im Kontext der Lebensphilosophie des deutschen Theologen und Philosophen Wilhelm Dilthey zu bewerten ist.

 

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