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Labor für Licht und Farbe

Zora Kreuzer hat für Quart die Fotoreihe „Laser Studies“ realisiert (S. 107–115). Dazu ein paar einleitende Gedanken von Anne Schloen und Harriet Zilch:

Zora Kreuzers künstlerische Wurzeln liegen in der Malerei, mit einem Schwerpunkt auf Minimal Art und Konkreter Kunst. Bereits in ihren Leinwandarbeiten ist ihre Vorliebe für kontrastreiche Neonfarben angelegt, die sie auch in ihren ortsspezifischen Rauminstallationen bevorzugt. Ihre künstlerische Praxis ist immer ein offener Prozess, der die Architektur eines Raums und dessen spezifische Lichtsituation durch farbliche Eingriffe und spezifische Lichtquellen und -führung umfassend verwandelt. Entgegen eines Verständnisses von Malerei als in sich geschlossene Fläche und vom Ausstellungsraum als autonome Realität sind Zora Kreuzers malerische Interventionen ohne eine grundsätzliche Verwicklung mit dem konkreten Ort und damit auch mit der Lebenswelt der Betrachtenden nicht denkbar.
Farbe wird dabei in unterschiedlichen Aggregatszuständen verwendet: Das Spektrum reicht von Acryl- und Wandfarbe über Folien und Plexiglas bis hin zu farbigem Licht in Form von LED-Lampen, Leuchtstoff- und Neonröhren. Ihre Farb-Licht-Inszenierungen interagieren mit den architektonischen Gegebenheiten und fügen sich zu Rauminstallationen zusammen, die den physischen Raum zu entmaterialisieren scheinen und die Grenze zwischen Kunst und Architektur auflösen. So gelingt es Zora Kreuzer mit meist nur minimalen Eingriffen höchst poetische und sinnlich erfahrbare Licht- und Farbräume zu schaffen. Bauliche Eigenheiten des Raums werden in ihren Installationen neu bewertet, indem sie diese betont oder auch zurücknimmt. Damit verändert sie unsere Wahrnehmung der Architektur, ohne in ihren materiellen Bestand einzugreifen.
    Eine zentrale Inspirationsquelle für Zora Kreuzer ist die Clubkultur. In Clubs herrscht eine spezifische Atmosphäre, und ein zentrales Element dafür neben der Musik ist das Licht. Scheinwerfer, Leuchten, Neonröhren und Projektionen fügen sich auch hier zu Farb-Licht-Inszenierungen zusammen. In einem Interview beschreibt Zora Kreuzer: „Als ich in der Szene unterwegs war, sind mir die farbigen Lichtinstallationen in den Clubräumen aufgefallen. Ich glaube, das war auch das erste Mal, dass ich wirklich ganze Räume wahrgenommen habe. Diese Erfahrung hat mich später in meinen Lichträumen beeinflusst. Ich habe daraufhin versucht, die Farbe von diesem spezifischen Licht zu finden, also Licht übersetzt in Farbe, als Pigment oder Acrylfarbe. Daraus entstand dann das Zusammenspiel zwischen farbigem Licht und Neonfarbe. Dazwischen geht es eigentlich immer hin und her. Ich empfinde Licht als etwas total Klares und, ja Cleanes, was ich auch formal in meiner Arbeit anstrebe. Ich arbeite mit klaren geometrischen Formen. Licht hat diese Qualität, farblich, aber auch von der Form her.“
    Bei ihren malerischen Interventionen experimentiert Zora Kreuzer stets ergebnisoffen auf der Wand und im Raum und interagiert mit den vorgefundenen architektonischen Gegebenheiten. Sie spielt mit der Intensität, den Nuancen und der Temperatur einzelner Farbtöne und lotet durch Überlagerung, Mischung und Anordnung ihre Wechselwirkungen aus. Diese künstlerische Strategie zeigt sich auch in ihrer aktuellen Fotoreihe „Laser Studies“, die für Quart konzipiert und realisiert wurde. In ihrem Atelier inszenierte die Künstlerin kleine Stillleben aus vertrauten Materialien wie Plexiglasscheiben oder Leuchtstoffröhren. Fotografisch festgehalten entwickeln die Konstellationen eine stark räumliche, geometrisch konstruierte Wirkung. Nicht auf den ersten Blick ist ersichtlich, wie die Strukturen zu deuten sind: überlagerte Farbflächen, abstrakte Zeichnungen aus Licht, ein architektonisches Gefüge, farbige Nebelbänke oder ein Fixstern am Horizont? Bei näherer Betrachtung konkretisieren sich die Kompositionen jedoch, und Elemente wie eine Tischplatte oder die Beine des Kamerastativs lassen sich erkennen und mit der Lebensrealität verknüpfen. Auch die verwendeten Leuchtstoffröhren zeigen sich nicht nur als Lichtquelle und damit als Voraussetzung jeder visuellen Wahrnehmung, sondern auch als konkreter materieller Gegenstand. Die Aufnahmen der Fotoreihe wurden von Zora Kreuzer nicht am Computer bearbeitet, Farbwerte nicht intensiviert, Spiegelungen nicht ergänzt oder Kontraste geschärft. Wie die Rauminstallationen der Künstlerin sind auch ihre Laser Studies durch spielerische Experimente im Raum entstanden. Die Parameter der Versuchsanordnung wurden so lange verändert und modifiziert, bis sich auf den Aufnahmen ein zwar nicht im Vorfeld definiertes, aber dennoch erwünschtes Ergebnis zeigt. Für ihre „Laser Studies“ wurde das Atelier zu einem Labor für Zora Kreuzers faszinierende Experimente mit Licht und Farbe.

 

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