Epilog in der Hölle von Christoph W. Bauer
1
zwar weiss er viel doch will er alles wissen
und mich zum erkenntnisreigen bitten den
kann er haben ich rotier ihn um die eigene
mitte den ursprung der lust pflanz ich unter
sein haar als rechnung die nur ihm aufgeht
schon will er eifrig formeln onanieren um
den himmel neu zu vermessen läuft er wie
ein hund seinem schwanz hinterher ich tanz
ihn mir blutig den falott bis der schwindel
kocht in seinen ohren die ohmacht rauscht
im kanon mit den meeren sein seelchen ihm
aus den gliedern tropft und mir in die arme
2
so werden wir ein paar und ziehen über land
von einer kirmes zur nächsten steht er
seinen mann schlau genug zu erkennen wie
schaulust das einkommen steigert lecken
seine blicke unter jeden rock greift er flugs
zu faulem zauber aus dem lehrbuch der
alchemie das gejohle des pöbels bestätigt
ihn in seinem treiben ein gaukler ist er
doch will er grenzen sprengen und kann die
lunte nicht riechen da er die nase zu hoch
trägt auf seinem gang zur explosion unter
englischen nebeln suhlt er sich im sumpf
der vielspracherei steht ihm das wasser des
dünkels bis zum hals für ein paar weitere
tricks würde alles er geben selbst wenn der
teufel ihn ritte wälzt er im saft seiner
reden na wart nur du narr das sei mir befehl
I’ll suck the soul out of you fuck you dry
3
zu derb war ihm das er möchte die tonlage
wechseln und luzifer mit dem belzebub
der maskerade provozieren in ehrwürdigem
duktus buhlen um den wissensschatz mag er
sein verlangen auch verzweigen in versen den
inhalt seiner träume kaschieren was ihn
treibt verhilft mir so oder anders zum sieg
er bemüht sie hart die klassischen gesetze
hör ihn aus göttlichem mund seine phrasen
dreschen solang er auf der erde lebt zitiert er
des firmaments gemeinplatzträchtige sätze
was solls es irrt der mensch solang er strebt
4
soll er sich meinetwegen doch verstellen
ich führ ihn ein wenig an der langen leine
und lass ihn masslosigkeiten bellen runde um
runde stärken sie ihm in die beine indes
er ihr nachhetzt der wünschelrute o ja das
macht er innig gern und ahnt nicht wie
der kreis zur schlinge wird der gute dabei
wäre gerade dies so leicht zu erhellen
wollte er es nur richtig deuten sein bellen
nicht ich sondern er ist des pudels kern
5
seis drum er kann das ohnehin nicht begreifen
denn verstehen hiesse sich abwenden von der
gier doch wird die frucht der askese niemals
in ihm reifen seine lust ist mein garten den
mach ich ihm zum turm ohne tür und spreche
mit ihm wenns sein muss auch in reimen
schau nur da stehst du nun du armer tor ich
mach dich klüger als zuvor dies angebot
will er nicht verneinen schon hat er angebissen
und sich in meine fänge getrieben für das
bisschen panorama auf allwissen und glück
den pakt mit mir körpersaftig unterschrieben
6
das ist fürwahr ein leichtes gewesen nur seine
eitelkeit ist kaum zu ertragen wo will er
bloss hin mit all seinen fragen hat er den
kontrakt denn nicht gelesen mir scheint
er glaubt er kann mir entfliehen in seinem
windschatten werde ich mit ihm ziehen
mich loszuwerden in rätseln ist ein sinnloses
streben ja frag nur frag dich um dein leben
7
schau an der bund mit mir war ernst gemeint
eh ich mich verseh hat es sich ausgereimt
mit idiomen will er mir nun kommen mit gott
verlassenen tälern und lädt mich ein in
von grobschlächtigkeit gezimmerte stuben
wo stammtischbrüder ihre humpen leer
jodeln wie lange der korse wohl die welt
noch regiert indessen partisanen sich zum
freiheitskampf rüsten möchte er mit mir durch
die lande promenieren und lächelt viktoria
zeichen rund um die uhr ahnt er doch immer
noch nicht dass er als autor einer posse
fungiert deren muse ich bin auf dem podium
seines glücks glaubt er regie zu führen und
mit dilettantischer darbietung mich zu düpieren
rasch küss ich ihn mir gefügig den geck
8
schon hör ich ihn seine wünsche deklamieren
er bringt sich um die seele und eine neue
facette ins spiel nicht wissensdurst treibe ihn
sondern leiblicher hunger zaubert die karte
der armut aus dem schäbigen ärmel überrascht
mich sprichwörtlich bei der erfindungsgabe
seiner not verschlägts mir die diabolischen sinne
vor seinem anliegen schreck gar ich zurück
will er doch dass ich ihm den gekreuzigten
ins gelass bringe nie und nimmer kruzifix
9
doch macht er vor seiner herkunft einen knicks
und die sturheit zum sprachrohr seiner rede
pocht auf den kontrakt was bleibt mir anderes
übrig als mich seinem starrsinn zu beugen
soll er ihn doch haben seinen aufblasbargott in
flagellantenträumen ihn himmelwärts zu
vögeln wird er sich noch wünschen schnitz ich
dem heiland die leidensflügel erst zurecht
klopfe den sohn des tischlers ihm ins getäfel
der kammer zwischen ächzende zargen und
balken auf dass gebete sich täglich aufs neue
von der sünde frei nageln und wie sein blick
zum hammer gleich wird der rosenkranz
zur dornenkrone hab ichs mir doch gedacht
10
was für ein erbärmliches theater es zwingt
ihn in die knie und treibt mich in die enge
muss ihn erlösen von seiner qual sonst ist
seine seele für immer verloren mein spiel
plan verlangt nach einem weiteren akt zum
soufflierkasten schreinre ich ihm das ohr
will ihn aus dem herrgottswinkel locken mit
dem don juan des gemächts lässt sich ein
jeder bei der ehre packen sieh da ist sie die
schönste die einst mit paris durchbrannte
eine augenweide für die so mancher sein
leben liess auf den schlachtfeldern des
epos ich will ein neues dir schreiben helena
sollst du kriegen ich rekrutier sie ins heer
deiner sehnsüchte mach dich zum general
deiner triebe bin der famulus deiner lust
11
schon treibt ers mit der heidin vor den augen
des herrn seine anmassende gier gebiert mir
ideen in der eigenen stube sollst du hängen
und selbst sein das amen im gebet vergiss
jesu christ den leporello des himmels jag
ihn zur hölle und die apostel gleich mit sie
waren schon verraten eh der hahn dreimal
krähte dein bajatz will ich sein bis in alle
ewigkeit zur verfügung dir stehen du bist hör
mich an der wahre messias gewährst du
mir nur noch einen letzten reigen das welten
schicksal zu wenden das offerier ich dir
12
rotiere mich blutig kreisle mich aus den
gliedern ich weiss schon zu viel will nichts
mehr von mir wissen und mich endlich aus
dem veitstanz entlassen in den mich der
allweiser einst getrieben als produkt seiner
ohnmacht aus der du mich rettest dank
deiner heilandigen güte sieh nur wie einfach
es ist die rollen zu wechseln wie ich aus mir
tropfe dir in die arme es liegt sich so weich
im anderen werde ich mich los samt meiner
satanischen pflichten sehe den plan aufgehen
wie die sonne als stigma des jüngsten tags
13
ach was wird es doch hell jetzt ja darf es denn
wahr sein wer führt mich vors licht und
dessen kathedralen geisselt mich im schnür
boden seiner gedanken wechselt einer die
kulissen zieht den vorhang hoch zur
tragödie x-ten teil auf der bühne der
prophezeiung bei allem was gott ist ich
bin als wiederspruch sein wiedergänger
mephisto der nie schläft muss ich faust
aufs herz bekennen ich habe geträumt